Das ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel ergänzt die historischen Amateurfilme mit eigenen Interviews
Besondere Ereignisse – wie die olympischen Segelwettbewerbe in Kiel 1972 – haben viele Privatfilmer festgehalten. Doch ein Kinofilm wie KIELympia wird es aus den Aufnahmen noch lange nicht. Denn es fehlen die verbindenden Bilder, die das Sammelsurium an Eindrücken zusammenhalten und zu einer spannenden Geschichte werden lassen.
Das ZeitZeugenStudio e.V. geht weit über das „normale“ Engagement hinaus, das Privatleute bei der Aufbereitung ihrer alten Filme leisten können: Denn wir suchen nach Protagonisten, die das damalige Alltagsleben aus heutiger Sicht kommentieren können.
Diese Zeitzeugen laden wir zum Interview in das Aufnahmestudio in der Kieler Pumpe ein. XXX erklärt, auf was man beim Drehen der Gespräche achten muss, damit die neuen digitalen Aufnahmen später auch zu den alten Amateurfilmen passen – und für die Nachwelt erhalten bleiben.
Zeitaufwändige Suche nach geeigneten Zeitzeugen für den Film
>>> Mehr als 200 Filmrollen lagen für die Produktion des Dokumentarfilms KIElympia bereit. Einiges wiederholte sich. Andere Eindrücke fehlten. Wie schaffen Sie es beim ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel, geeignete Personen zu finden, die die Bilder mit ihren eigenen Worten kommentieren können?
XXX: Das ist ein aufwändiger Prozess. Zuerst schauen wir uns alle Filmdokumente an, um entscheiden zu können, was man noch ergänzend durch die Interviews kommentieren könnte. Die Amateurfilmer haben ihre Aufnahmen damals aus technischen Gründen nicht kommentieren können. Und deshalb schließen die heutigen Interviews diese Lücke und transportieren Emotionen.
Manchmal hilft es, ganz direkt die Personen zu fragen, die uns ihre Amateurfilme zur Verfügung stellen: Wen kennen Sie noch von damals? Wer könnte etwas Spannendes dazu erzählen? Schwieriger wird es, den „Mann von der Straße“ oder das „Mädchen von nebenan“ zu finden.
Wir versuchen, mit Aufrufen in den Tageszeitungen Protagonisten zu finden, oder rufen bei den monatlichen Filmrevuen im Kino in der Pumpe dazu auf, sich bei Interesse an einem Filmthema bei uns zu melden.
Wohlfühlatmosphäre beim Interview im Kieler ZeitZeugen-Studio
>>> Wer noch nie ein Interview vor der Kamera gegeben hat, ist meist ziemlich aufgeregt. Was tun Sie, damit sich die Protagonisten wohlfühlen und nicht ins Stottern geraten?
XXX: Wir haben eine Wohnzimmer-Ecke in unserem Studio aufgebaut. Ein gemütlicher Sessel. Eine Stehlampe. Ein Teppich. Im Hintergrund eine lange Gardine. Das kennen viele Menschen von zu Hause, was beruhigend auf sie wirkt.
Wenn es dann mit den Fragen losgeht, klappt es beim ersten Anlauf nicht immer sofort. Aber das macht ja nichts, denn wir nehmen uns die Zeit, die es braucht, um ein gutes Interview zu führen. Dann fangen wir eben nochmal an, und irgendwann weicht die Anspannung wieder.
Die Blickrichtung beim Film entscheidet darüber, wie sich der spätere Zuschauer eingebunden fühlt
>>> Wo sollen die Zeitzeugen beim Drehen der Interviews hinschauen: direkt in die Kamera oder zu dem Interviewer?
XXX: Beide Varianten haben ihren Reiz. Wenn eine Person beim Interview direkt in das Objektiv schaut, fühlen sich die Filmzuschauer später direkt angesprochen und emotional eingebunden, weil sie dem Gegenüber in die Augen schauen. Doch wer das erste Mal Frage und Antwort steht, hat meist nicht das nötige Selbstbewusstsein und empfindet die Kamera als Fremdkörper.
Daher haben wir uns entschieden, unseren Gast immer zum Interviewer zu schauen zu lassen, der meist schräg neben der Kamera sitzt. Der spätere Zuschauer beobachtet die gefilmte Szenerie und hört dem Gespräch besser zu als beim direkten Blickkontakt. Außerdem erleichtert dieser Aufbau, historische Bilder in den Film harmonisch einzubauen.
Moderne digitale Filmtechnik kombiniert mit digitalisierten historischen Amateurfilmen
>>> Wie bringen Sie die privat gedrehten Filmausschnitte mit der modernen Interview-Technik zusammen?
XXX: Damit der fertige Film später so wirkt, als habe sich alles ganz natürlich zusammengefügt, muss man lange an dem Konzept für den Film feilen. Die Interviews mit den Zeitzeugen müssen an der „richtigen“ Stelle eingebaut werden, denn sonst holpern die Zuschauer durch den Film und fühlen sich unwohl.
Wichtig ist auch, dass wir die Qualität der verschieden alten Filmaufnahmen anpassen. Wir drehen die Interviews mit modernster Kameratechnik, parallel werden die historischen Filme professionell digitalisiert und restauriert.
Beim Schnitt und bei der Nachbearbeitung kommt es dann darauf an, dass das Tempo im Film stimmt und die Farb- und Tonqualität der Einzelteile zusammenpassen. Das bedeutet viel technische Tüftelei, aber mit etwas Geduld und Hartnäckigkeit kommt ein Ergebnis dabei heraus, das allen Freude bereitet – den Produzenten, den Filmamateuren und dem Publikum.