Der Film-Scanner: Foto-Qualität in jedem einzelnen Film-Bild / Interview mit Ralf Heinicke vom ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel
Haben Sie sich schon mal das Material der Schmalfilme genauer angeschaut, die Großeltern oder Eltern irgendwann auf dem Dachboden oder im Keller verstaut haben, weil niemand mehr an den historischen Aufnahmen interessiert war?
Dann stellen Sie fest, dass sich das Trägermaterial im Laufe der Jahre geändert hat – aber haltbar bis in alle Ewigkeit sind solche Filmbänder leider nicht.
Ralf Heinicke vom ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel erklärt im Interview, wie Amateurfilme im Laufe der Jahre altern und welche Möglichkeiten es gibt, diese historischen Filme zu digitalisieren.
>>> Welche Materialien hat man in der Anfangszeit für Filme benutzt?
Ralf Heinicke: Bis 1932 war das Bewegtbild eine Domäne der professionellen Filmindustrie. Seitdem ergab sich durch Kodak mit dem neuen 8mm-Format auch die Möglichkeit für Amateurfilmer, ihr eigenes Leben im Film festzuhalten.
Ein weiterer Schritt zur Popularisierung war 1965 die Entwicklung der Super-8-Kassette.
Bis in die 1970er Jahre waren das alles „nur“ Stummfilme. Denn erst 1973 wurde der Magnetstreifen erfunden, auf dem man parallel zu den laufenden Bildern auch den Ton speichern konnte.
>>> Was passiert mit den Filmrollen, wenn sie mehrere Jahrzehnte auf dem Dachboden oder im Keller liegen?
Ralf Heinicke: Alle historischen Schmalfilme, für die wir uns beim ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel interessieren, sind leider mit der Zeit gealtert. Wir bekommen die Filmrollen in einem mehr oder weniger schlechten Zustand:
- Die alten Filme werden brüchig.
- Sie können verschmutzt oder verklebt sein.
- Die Farben der Filmstreifen haben sich über all die Jahre verändert.
- Die Perforation ist an einigen Stellen gerissen.
- Der Filmstreifen an sich ist angerissen oder schräg abgerissen.
>>> Kann man Schmalfilme mit den genannten Beeinträchtigungen überhaupt auch noch digitalisieren?
Ralf Heinicke: Ja, aber nur mit professionellen Arbeitsgerät, das bei uns im ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel vorhanden ist.
Die oft von Amateuren genutzten Verfahren – beispielsweise das Abfilmen von der Leinwand oder das Ausspiegeln über den laufenden Projektor – sind nicht geeignet.
>>> Wie digitalisieren Profis wie Sie vom ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel die historischen Filme?
Ralf Heinicke: Wir können jede Art von Farb-Umkehrfilm, Positivkopie und sogar Negativ-Material in den Formaten 8mm, Super8, 9.5mm und 16mm verarbeiten. Wenn die Filmstreifen allzu sehr verschmutzt sind, geben wir sie zu einer Firma, die das Material optimal und schonend reinigt.
Zum Digitalisieren benutzen wir einen professionellen Film-Scanner.
Das Abtasten der Filmbilder kann man mit einem Flachbrett-Scanner vergleichen, wobei sich beim Film-Scanner nicht der Scankopf bewegt, sondern die Vorlage.
>>> Im Film-Scanner durchläuft der Schmalfilm mehrere Stationen. Was passiert dabei genau?
Ralf Heinicke: Der Schmalfilm durchläuft im Scanner zunächst spezielle Andruck- und Transportrollen. Beim sogenannten Wetgate-Verfahren, also beim nassen Durchgang, wird der Film vor der Digitalisierung mit einer speziellen, alkoholhaltigen Flüssigkeit benetzt. So verschließen sich die kleinen Kratzer.
Man kann sogar verformte Filme wieder etwas glätten, denn sonst würden beim nachfolgenden Abtasten der Bildinformationen zu viele Fehler auftreten.
>>> Welche Einstellungen sind wichtig, um ein gutes Ergebnis zu erhalten?
Ralf Heinicke: In den Film-Scanner ist eine Kaltlichtlampe eingebaut, so dass jedes Bild des Schmalfilms komplett und randscharf ausgeleuchtet wird.
Das Filmmaterial kann viel mehr Helligkeitsstufen speichern, als die meisten Bildschirme zeigen können. Deshalb müssen wir für jeden Film den optimalen Helligkeitsbereich finden.
Die Speicherung geschieht in der korrekten Ablaufgeschwindigkeit und unkomprimiert.
>>> Wie bearbeiten Sie den digitalisierten Film nachträglich?
Ralf Heinicke: Die Filme werden in einem für den Scanner entwickelten Programm bearbeitet: Wir können…
- Filmbilder restaurieren
- verwackelte Filmbilder beruhigen
- Laufstreifen entfernen
- die Bilder farblich intensiver werden lassen
- die Ränder von Objekten schärfen
- das störende Filmkorn glätten.
>>> Welche Auflösungen erzielen Sie bei den digitalen Ergebnissen?
Ralf Heinicke: Bei der Auflösung machen wir keine Kompromisse, sondern digitalisieren grundsätzlich in HD+. Durch die anschließende Restaurierung ist das Ergebnis dann besser als FULL-HD.
>>> Das hört sich jetzt alles ziemlich technisch an. Wieviel Einfluss hat der Mensch noch auf das Ergebnis?
Ralf Heinicke: Die benutzte Transfer-Technik ist das Eine. Aber es kommt auch auf die Personen an, die für das Digitalisieren eines Schmalfilms verantwortlich sind.
Wir vom ZeitZeugenStudio e.V. in Kiel haben ein breit gefächertes Fachwissen und erstellen die Filme gemeinsam im Team. Uns geht es nicht um ein lukratives Geschäft, denn wir begeistern uns in erster Linie für das Bewahren der (regionalen) Geschichte von unten.